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Louisiana Anthology

Frank Siller.
“Evangeline.”

Notes to the next group



PS 2263 A57


Jessie Dixon Malverns Clark
New Years 1885
1237 Washingto Ave. Springfield - Mo.


Preamble

Evangeline

Translated into the German language by Mrs. Bertha Siller and Frank Siller,of Chicag Ills. 1879.
Mother Dixon's Sistedr Amelia Newcombe msrried Edward Siller, brother of the above.
Mr.Siller's Father xwas in service of the Germnan embassy in Russia. and had word from a friend to leave at night, as he was condemned to be sent to s ibe ria for life.
He left with wife, governess. xax two daughters and three sons.
Arrived safely-in an open boat -in Germany
Afterr the death of his wife he married the Governassm- "Bertha" and the Family came to Chicago. In gratitude for safety and home in the sdopted Country , Bertha translated this poem.which was corrected and sent to the Printer by her son or brother Frank, then a Banker in Milwaukee,
Mrs. Bertha Siller was a highly trained Musician and more Music Lssons on Chicago for many years.

Vorwort des Ueberjckers.

Der Berfasser dieses-B�chleins �bergibt hiermit dem Bublicum das Resultat seiner Lieblingsbesch�ftigung w�hrend der Mu�estunden vieler langer Winterabende.
In seinen Jugendjahren hat er die meisten der in dem Gedichte beschriebenien Gegenden als wandernder Jäger selbst durchstreift ; hat auf den Wogen der großen Seen und der Strömung des Mississippi und Missouri sich oft gewiegt, im Mackinaw - boot, in dem Canoe aus Birrenrinde sowohl wie ausgehöhlten Baumstämmen, und im canadischen Batteau ; hat manche Nacht unter freiem Himmel zugebracht in dem Itrwald des Nordens und in den Steppen von Nebraska ; hat die Friedenspfeife mit Indianer-Häuptlingen geraucht und den klagenden Gesängen ihrer Frauen und Töchter gelauscht, so wie aud) im fernen Süden am Atchafalaya nächtlich der Wildnis geheimnißvoll Rauschen“ vernominen. Die Erscheinungen und Laute, welche das Genie des amerikanischen Dichters so herrlich schildert, hat der Uebersetzer großentheils mit eigenen Augen gesehen, mit eigenen Ohren gehört, und die Eindrücke tief im Herzen empfunden und bewahrt, und deshalb mit um jo größerem Vergnügen die meisterhafte Beschreibung der Scenen der amerikaniiden Wildniß übersetzt.
Er begann die Arbeit mit dem Wunsche, das wunderschöne amerikanische (Gedicht in den wohlklingenden Lauten der geliebten deutsden Muttersprache zu hören. Vom Dichter erfuhr er erst später, daß bereits mehrere Ueberseķungen in Deutschland eristiren. Doch nur eine davon hat bisher ihren Weg in den Westen Amerika's gefunden (die von Philipp Reclain in Leipzig verlegte).
Der Verfasser hofft, das neben dieser und vielleicht auch neben den anderen, welche ihin gänzlich unbekannt sind, dies Büchlein sich im Publicum Freunde gewinnen wird. Zu der Veröjjentlichung bewogen ihn die Wünsche einiger näherer Freunde, denen er das Manuscript vorgeleseni.
Es ist hier wohl auch am Plate zu bemerken, daß die geschichtlichen Ereignisse des Jahres 1755 in Neu-Schottland, damals französisch Acadie, dem Gedichte zur Grundlage dienen. An der westlichen Küste dieser Halbinsel ergießt sich das Flüßchen Gaspereau einige Meilen füdlich vom Cap Blomidon in die Bucht von Minas, einen Arin der Bay of Fundy. Nahe der Mündung des Flißchens lag cinst das Dörschen Grand-Pré (deutsch: „große Wieje“). Dem Nachlaß des französischen Abbé Reynal verdanken wir eine genaue Beschreibung der Sitten und Gebräuche des einfachen Völkchens, welches in der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts dort wohnte.
Im Gebrauch aller amerikanischen und indianischen Namen ist dieselbe Betonung beibehalten, wie im Originaltert, welcher sie genau so betont, wie die Amerikaner und Indianer sie aussprechen. Der indianische Name „Mauis" wird englisch “Mowis” geschrieben, aber „Mauis" ausgesprochen.
„Mauis" ausgesprochen. Die französischen Namen müssen mit französischer Betonung gelesen werden. In “Bellefontaine” verstumnien das zweite und dritte (e”; in "Evangeline”, “Lajeunesse”, - Plaquemine” verstummt das “e” am Ende des Na: mens. “Téche” wird „Tesch" ausgesprochen.
Die Namen , Felician“ und „Basil" werden in Amerika anders betont als in Deutschland. Da sie aber dem Deutschen durchaus altbekannte Namen sind, ist ihnen in der Uebersetzung die im Deutschen übliche Betonung gegeben.
Die ganze französische Zeile:
“Tous les bourgeois de Chartre” und “Le Carrillon de Dunkerque" ist gegeben wie sie im Originaltert lautet. Es sind die Namen der französischen Tanz-Gesänge.

Milwaukee, den 27. Februar 1879. F.S.



Evangeline

Eine Sage Acadiens

Einleitung

Hier ist herrlicher Urwald. Die rauschenden Fichten und Tannen, Moosumhangen, in gr�nen Gew�ndern, im unsichern Zmielidt, Gteh�n wie Druiden da, mit Stimmen, tief und prophetisch, Stehen wie Varfner, grau, mit brust-�berh�ngenden B�rten, W�hrend aus Felsen-H�hlen ersch�tternd die Stimme des Meeres Dr�hnt und dimpf sich vereint mit de3 Waldes d�sterer Slage.
Hier ist herrlicher Urwald, doch wo sind die gl�cklichen Menschen*, Welche, zufrieden und froh, einst wohnten im sch�tzenden Schatten ?* Wo ist das freundliche D�rfchen, die Heimath acadischer Bauern, Deren Jahre so still hinflossen, wie Str�me des Waldes, Irdisch durch Schatten getr�bt, doch spiegelnd des Himmels Gebilde ? Ded' liegt jetzt das Land, von den fr�hern Bewohnern verlassen. Fernhin sind sie zerstreut, wie die Bl�tter, welche der Herbststurm Wirbelnd und brausend erfaßt und weit auf den Ocean wehet, - Und das liebliche Dörfchen besteht nur noch fort in der Sage.
Ihr, die ihr glaubet an Liebe, die hoffet und leidet und harret, Ihr, die ihr glaubt an des Weibes beständige, innige Treue, Lauschet dem Klage=Gesang, den die Fichten und Tannen euch singen, Lauschet der Liebessage Acadiens, der Glüdlichen Heimath.







Erster Theil.



Erster Gesang.

Fern im Lande Acadien, am Ufer des Busens von Minas, Lag romantisch und schön das liebliche Dörfchen von Grand=Bre Tief in dem fruchtbaren Thal. — Die nach Ost sich erstreckenden Wiesen Gaben dem Dörfchen den Namen und Weide unzähligen Herden. Dämme, gemeinsam gebant durch die Arbeit fleißiger Bauern, Schützten das Thal vor der Fluth. Doch in trockenen Zeiten des Jahres Wurden die Schleusen geöffnet, die Icchzenden Wiesen zu wässern. Westlich und südlich erstreckten sich fruchtbare Felder und Gärten, Ohne Zäune und Hecken. Ju düsterer Ferne, irach Norden, Ragte Blomidon hoch und der Wald, und über ihm hingen, Mächtigen Zeiten gleich, die vom Ocean steigenden Nebel, Shauten in's Thal hinab, doch senkten sich niemals hernieder. Hier, von Feldern imringt, lag still das acadische Dörfchen. Wohlgebaut waren die Häuser aus Holz der Kastanien und Eichen,Breite Dächer aus Stroh mit freundlichen Dachfenstern reichten Ueber die Giebel und schüßten vor Regen den schattigen Eingan,. Oft wenn die sinkende Sonne am Abend nodi glänzende Strahlen Scheidend auf3 Dörfchen warf, ihm die Wetterfühnchen vergoldend, Saßen im Sommer hier geinüthlich die Mädchen und Frauen, Schmuck in farbige Mieder gekleidet und sichneeweiße Hauben ; Spannen geschäftig den Flachs für deu lärmenden Webstuhl, der drinnen Emsig das Webschijfhen trieb und mit ihrem Gesange den Tact hielt. Dann kam ernst durch die Straße der Pfarrer des Dorfs, und die Sinder Hielten inne im Spiel, die jegnende Hand ihm zu küssen. Ehrwürdig sah er aus, und als er sich näherte, hießen Frauen und Mädchen ihn mit freundlichen Worten willkommen. Zwielicht herrschte bereits, die Sonne war untergegangen, A13 von den Feldern heim die ermüdeten Arbeiter kehrten Und von dem Kirchthurm her die Glocke den Angelus läutet. Wölfchen bläulichen Rauch’s, wie Weihrauch zum Himmel sich hebend, Stiegen von hundert Herden, den Wohnungen glücklicher Menschen. Also wohnten in Frieden die guten acadischen Bauern, liebten Gott und liebten einander, auch waren sie frei von Aller Tyrannenfurcht und den Ränken politischen Ringens. Weder Schlösser noch Riegel verwahrten die Thüren und Fenster ; Offen war jedes. Haus, wie der Tag und das Herz des Besigers. Arm hier waren die Reichsten, die Armen lebten in Fülle.
Etwas cutfernt von dem Dörfchen und näher dem Diean wohnte Benedict Bellefontaine, ein alter begüterter Landmann. leppige Felder besaß er, und bei ihn, den Haushalt besorgen), Lebte sein einziges Kind, Evangeline, Liebling des Dörf hens. Stattlich und wohlgebaut war der Greis von siebenzig Wintern, Kräftig und stark und frisch, wie im Winter die nordische Eiche, Weiß mie der Schnee sein Haar, die Wangen so braun wie die Blätter. Schön war die liebliche Tochter, die Jungfrau von siebenzehn Sommern. Schwarz war ihr Augenpaar, mie des nordischen Dornbusdes Beeren, Schwarz, doch glänzten sie mild im Schatten der nußbraunen Loden; Frisch war ihr Athen, wie A!hem der Herden auf duftender Wiese. Wenn in der Erndtezeit sie zu Mittag den durstigen Schnittern Brachte das heimische Bier, wie schön schien ihnen die Jungfrau. Schöner war sie jedoch, wenn am Sonntag Morgen bescheiden, Während die Glode die Luft mit heiligen Klängen besprengte, So wie der jegnende Priester mit Weihwasser seine Gemeinde, Sie in die Kirche ging mitRosenkranz und Gebetbuch, Blauem Mieder und weißer Haube und schönem Geschmeide, Welches, in alten Zeiten von Franfreich gekommen, als Erbstück In der Familie geblieben durch mehrere Generationen. Aber ein hiinmlischer Glanz, der ihr ganzes Wesen verklärte, Strahlte aus ihrem Gesicht, wenn nach der beendeten Beichte Glücklich sie heimwärts ging mit dem Segen des Himmels im Herzen. War sie vorüber, so schien. ez, ein süßer Gesang sei verklungen.
Stark gebaut war das Haus des Landmanns aus eichenen Balfer Hoch am Abhang des Hügels, der weit das Meer überschaute.. Ein Sycomorenbaum beschattete fühlend den Eingang, Und den gewaltigen Stanın umranfte ein üppiges Geisblatt. Rauh war das Vorhaus gebaut und versehen mit einfachen Bänken ; Und durch den Garten hinaus nach den Wiesen führte ein Fuüpfad. Unter dem Schattenbaum, da standen dicht bei einander Bienenförbe, bedeckt mit einem sie schüßenden Dächlein, Wie es die Wanderer oft an entlegenen Landstraßen sehen Ueber dem Heiligenbild und über der Almosenbüchie. -- Weiter den Abhang hinab war der Brunnen mit eichenem Eimer, Alt und mit Moos bedeckt, und daneben ein Trog für die Pferde. Schützend das Haus gegen Nord war Hofraum mit Scheunen und Ställen. Hier nun standen die Wagen und Karren und Pflüge und Eggen, Wie auch die Hürden für Schafe ; und stolz im gefiederten. Harem Brüstet der Truthahn sich und krähte der Hahn mit der Stimme, Welche in früherer Zeit den reuigen Betrus erschreckte. Vollgefüllt waren mit Heu die hohen geräumigen Scheunen. Schütende Dächer aus Stroh überhingen die Seiten und Giebel, lind, von diesen beschattet, zum Kornboden führten die Treppen, Auch zu den Taubenschlägen ; die unschuldig sanften Bewohner - Girrten immer von Liebe, wo oben im wechselnden Winde Lärmende Wetterhähne von Unbeständigkeit sangen.
So in Frieden mit Gott und der Welt bewohnte der Landmann Hier sein freundliches Gut, und Evangeline führte den Haushalt. Mancher biedere Jüngling, der, andächtig knie’nd in der Kirche, Fest sie im Auge hielt, als wär' sie ein Bild der Madonna, Hätte sich glücklich geschäßt, nur den Saum ihr des Kleids zu berühren. Mancher Freier erschien am Abend und flopfte behutsam Leicht an Evangeline's Thir', und, lausend ihr Nahen criwartend, Pochte ihm lauter das Herz als am eisernen Klopfer sein Finger. Auch bei den fröhlichen Festen des Schutzpatrones des Dörfchens Wurde Mancher schon fühner und drückte die Hand ihr beim Tanze, Liebesworte flüsternd, die mit der Musik wohl verhallten. Aber von Adzn, die famen, war einer nur herzlich willkommen : Gabriel Lajeunesse, der Sohn Basiles, des Grobschmids. Angesehen war diefer im Dorf und von Allen geachtet, Wie doch vou Alters her in allen Zeiten und Landen Immer die Schmiede-Zunft in Uchtung stand bei dem Volke. Benedict schäßte Basil; die Kinder, von frühester Jugend, Hatten zusammen gelebt und gespielt, wie Bruder und Schwester. Vater Felician, des Dörfchens Priester und Lehrer, Hatte sie beide zusammen das Lesen gelehrt und das Singen Frommer Kirchengesänge ; und wenn die lectionen beendet, Liefen sie eilig hinüber zur Schmiede und blieben bewundernd Oft vor der Thüre stehen und fah’n dann zit, wie der Grobschmid Fest in der ledernen Schürze den Fuß des Pferds, wie ein Spielzeug, Hielt und mit kräftiger Hand den Huf und das Eisen vereinte ; Während nahe dabei der glühende Reif eines Rades, Feuriger Schlange gleichend, gerolt lag zwischen den Kohlen. Oft wenn der Herbstliche Abend schon früh die Dämmerung brachte, Während das strahlende Licht durch die Fenster der Schmiede hinausschien, Wärmten am Feuer sie sich, betrachtend der Bälge Bewegung. Wenn nach vollendetem Werk in der Asche die Funken erloschen, Schienen sie ihnen wie Nonnen im Thor der Kapelle verschwindend. Oft auch flogen im Winter auf Schlitten sie, schnell wie der Adler, Kühn den Abhang hinab und glitten dann weit in die Wiese. Manchmal kletterten sie in den Scheunen hinauf zu den Nestern, Suchend mit eifrigem Blick den Wunder-Stein, den die Schwalbe Bringt von des Meeres Gestade, die Sehkraft der Jungen zu stärken; Denn es bedeutete Glüd, den Stein in dem Neste zu finden. Schnell verfloß so die Zeit ; — sie waren nicht länger mehr Kinder. Er war ein wackerer Jüngling, aus deffen off'nem Gesichte Treue und Wahrheit sprachen und reges, kräftiges Streben ; Sie die lieblichste Jungfrau, mit edelein weiblichem Wesen. „Sanct Eulaliens Sonnenschein," hieß sie gewöhnlich im Dorfe, Denn so nannte das Volt auch die wärmsten Strahlen der Sonne, Die in den nordischen Lande die Apfel-Erndten vermehrten. Sie auch sollte das aus des Gatten mit Sonnenschein füllen, Und mit herzlicher Liebe ---- und rosigen Kindergesichtchen.






Bweiter Gesang.

Spätherbst nahte bereits mit längeren, fälteren Nächten, Wo die enteilende Sonne dem Bild des Scorpiones sich nähert. Zugvögel flogen vorbei durch die schwere Luft, von den kalten, Einsamen nordischen Buchten nach fernen tropischen Inseln. Erndte - Zeit war vorüber, und wild mit den Stürmen des Herbstes Rangen des Urwald's Bäume, wie Jakob einst mit dem Engel. Alle Zeichen versprachen jegt einen der fältesten Winter. Mit prophet'schem Instinkt schon hatten die Bienen die Körbe Mehr als gewöhnlich gefüllt; und der Jäger Erfahrenste sagten: „Salt wird der Winter sein, nach den Pelzen der Füchse zu schließen." Und nach der stürmischen Zeit nun famen die herrlichen Wochen, Die das acadische Volk „Alerheiligen - Sommer“ benannte. Träumerisch mild war die Luft, und von zaubrischem Lichte umflossen Lag wie neugeschaffen in Jugendfrische die Landschaft.
Friede war überall, selbst des Oceans rastloses Herz war Zeitweis beruhigt. Die ganze Natur schien sanft und harmonisch. Stimmen der spielenden Kinder, das ferne Serähen der Hähne, Flügelschlag in der ruhigen Luft und das Girren der Tauben Slangen gedämpft und verschmolzen wie zartes Liebesgeflüster. Huldreich schaute die Sonne, von goldenen Dünsten verschleiert, Mild wie das Auge der Liebe herab auf die reizende Landschaft, Welche im Herbstlichen Kleide und prangend in herrlichen Farben Frisch im Morgenthau glänzte. Fast jeder Baum in den Walde Glich dem Platanenbaum, den die Perser an festlichen Tagen Prächtig mit farbigen Bändera behängen und reichen Juwelen.
Nunmehr nahte die Zeit, die gewidmet der Raft und der Liebe. Und nach der Hitze des Tag's jetzt brachte das dämnernde Zwielicht Wieder das Abendgestirn. Die heimwärts kehrenden Herden Samen die Straße entlang, und mit hochgehobenen Nüstern Aihmeten weidlich die Mühe des Abends erfrischende Lüfte. Aden voran ging stattlich Evangelines Färse, die stolz schien Wohl auf die schneeweiße Haut und das farbige Bändchen am Halse. Sicher schritt sie dahin, als ob sie bevorzugt sich fühlte.
Beim kam jetzt auch der Schäfer mit blöfender Herde vom Strande, Wo das Weideland mar, und der Schäferhund folgte der Herde. Vornehm und wohlbewußt sich des Amtes Pflichten und Würde Schritt nun dieser einher mit majestätischer Miene, Wedelte langsam den Schwanz und drängte vorwärts die Schafe. War er doch Herrscher der Herd', wenn der Schäfer schlief ;- ihr Beschützer, Wenn durch die Stille der Nacht von dem Walde der Wölfe Geheul klang. Später mit aufgehn'dem Mond von den Marschen kamen die Wagen Vod von salzigem Heu, das die Luft mit Wohlgeruch füllte. Pustig wiehernde Pferde, mit glänzendem Thau auf den Mähnen, Trugen hoch auf den Schultern die großen, hölzernen Sättel. Diese, gar bunt bemalt und geschmückt mit hochrothen Quasten, Nickten im farbigen Putz, wie Rosenpappeln in Blüthe. Stid nun standen die Rühe und ließen sich gern und geduldig Melfen von fleißiger Magd, und in regelmäßigen Tacte Sprigte die schäitmende Milch in die langsam sich füllenden Eimer. Lautes Gelächter erschallte und Brüllen des Viehes vom Hofe, Tönend durch Scheune und Stali, -- doch bald fank Alles in Schweigen. langsam, mit knarrendem Klang, ward das Thor der Scheine geschlossen, Sicher mit hölzernem Riegel verwahrt - und Alles war stille.
Drinnen im Hause nun saß, vor dem freundlichen Herde, im Armstuhl. Müssig der Landmann und schaute gemüthlich zu, wie die Flamme Wild mit den Rauchwolken rang, wie Feinde in brennenden Städten. Hinter ihm ridte und sprang an der Wand in phantastischen Sägen Siomisch sein eigener Schatten, verschwindend im Dunkel des Zimmers. Fratzenhafte Gesichter, geichnißt in das Holzwerk des Stuhles, Lachten im fladernden Licht. Auf dem Simse die zinnernen Teller Strahlten wie Schilder der Krieger im õeer, das die Sonne beleuchtet. Eintönig fummte der Greiz Melodien aus alten Gesängen, Wie sie in früherer Zeit in der Þeimath die Väter gesungen, Froh in den Gärten Burgunds und den Feldern des nördlichen Frankreichs. Traulich dem Vater zur Seite, da saß Evangeline spinnend Flachs für den Webstuhl, der hinter ihr stand in der Ede des Zimmers. Still war's Trittbrett jetzt und in Ruhe das fleißige Webschiff, Während des Spinnrads Gesumm, dem Tone des Dudelsacks ähnlich, Tact hielt diesem Gesang und die Verse der Lieder vereinte. Dann wie im Kirchgesang oft, in den häufigen Pausen des Chores, Tritte im Gange erschallen und Worte des Priesters vom Altar, So in den Pausen des Singens ertönte das Tiden der Wanduhr.
Als sie gemüthlich so sagen, da hörten sie Tritte im Borhaus. Klappernd hob sich die Selinfe, und weit ward die Thüre geöffnet. Benedict kannte Basil am Geräusch der benagelten Schuhe ; Klopfenden Herzens errieth Evangeline seinen Begleiter.
Als auf der Schwelle sie hielten, da hieß sie der Alte willkommen :
„Sei mir willkommen, Basil, und mach' es bequem dir im Sesjel
Hier am warmen Samin!" rief munter dem Freund er entgegen. „Niemals fenn ich dich besser, als wenn durch die wallenden Wolken Rauches der Pfeif', wie der Schmiede, dein freundliches Antlitz erglänzet Rund und roth, wie der herbstliche Mond durch die Nebel der Wiese." Drauf mit zufriedenem Lächeln, den Sessel zum Feuer sich rückend,
Sekte Basil sich nieder beim flackernden Herde und sagte :
„Benedict Bellefontaine, dir scheint daz Sherzen natürlich. Immer seh' ich dich froh. Selbst wenn Andern, mit ängstlichen Herzen, Düster die Zukunft erscheint und sie nichts als Verderben drin sehen, Bist du glüdlich, als ob du täglich ein Hufeisen fändest." __ Und nachdem er die Pfeif', die Evangeline eben ihn reichte, Gut an den glühenden Kohlen gezündet, da sprach er nun weiter : • „Seit vier Tagen schon liegen die englischen Schiffe vor Anker Hier in des Gaspereau Bucht, die Nanonen auf's Dörfchen gerichtet.
Was ihr Vorhaben ist, weiß keiner, doch ward uns befohlen, Morgen versanımelt zu fein in der Kirch', wo des Königs Befehl uns Dann als des Landes esetz werd’ fundgegeben. Indessen Kümmert die Herzen des Volts jetzt Furcht und ängstlicher Argwohn." Arglos verseşte der Greis : „Vielleicht aus freundlichem Grunde Stamen die Schiffe herüber. Vielleicht misriethen die Erndten Drüben in England durch Regen und außergewöhnliche Hitze, So daß die Schiffe gefandt sind, um unser Getreide zu kaufen." --- „Nicht so denken die Leute im Dorf", rief eifrig der Grobschmid, Shüttelnd den zweifelnden Kopf, und seufzend sagte er weiter : „Louisburg, Beau Sejour, Port Royal sind noch nicht vergessen. Viele bereits sind geflüchtet vom Strande zum Wald und erwarten Nengstlichen Herzens da draußen des unsichern Schicas Entscheidung. Alles, was Waffen nur gleicht, ward uns heut in der Frühe genommen. Nichts mehr ließen sie uns als die Schmiedehämmer und Sensen." --
Drauf mit freundlichem Lächeln versetzte gemüthlich der Landmann : „Sicherer sind wir ja hier, selbst unbewaffnet, inmitten Unserer Herden und Felder, durch Dämme geschüßt vor dem Meere, Als in den Burgen die Väter, bedroht von des Feindes Geschützen. Fürchte kein Unheil, Freund, und lasje den Schatten der Sorge Nicht uns fallen auf's Haus, denn der Kinder Verlobung ist heute. Scheune und Haus sind gebaut, und die munteren Burschen des Dörfchens Bauten fie starf und gut, und brachen auch land für den Garten ; brachten auch Heu in die Scheune und Nahrung in's Haus für ein Jahr wohl. Vald kommt Rene Leblanc mit Papier und Feder und Tinte, Und wir sollten von Verzen des Glücks der Kinder uns freuen. Etwas entfernt, am Fenster, die Hand in der Hand des Gelieften, Stand Evangeline jetzt, bei den Worten des Vaters erröthend.
Ehe dieselben verhallt, war der würd’ge Notar schon gekommen.






Dritter Gesang.

Gleich dem gebogenen Ruder, das mühsam die Wellen durchschneidet, War die Gestalt des Notars vom Aiter gebeugt, nicht gebrochen. Langes gelbliches Haar, wie des Welschforns seidene Blüthen, Hing ihm über die Schultern. Die Stirn war hoch, und darunter Saß auf der Nase die Brille, sein weises Aussehn erhöhend. Vater von zwanzig Kindern war er, und mehr wohl als hundert Enkel hatten gespielt auf dem Snie, und gelauschet der Saduhr. Während des letzten Kriegs, als Gefangener, hatte der Alte Viele Trübsal erlebt auf einer französischen Festung, Wo vier peinvolle Jahre als England's Freund er geschmachtet. Vorsicht'ger war er seitdem, doch ohne Arglist und Mißtraun, Reif in Geduld und Weisheit, doch ungefünstelt und findlich. Alle hatten ihn lieb, doch am allermeisten die Kinder, Denn er erzählte diesen Geschichten vom Wehrwolf im Walde, Und von dem Zwerg, der bei Nacht oft kam, un die Pferde zu tränken, l'ud vou dem weißen Gespenst des Kindes, das ohne die Taufe Starb und gezwungen war, in den Zimmern der Minder zu spuken, Und wie am Useihnachtsabend die Ochsen sprächen im Stalle, Und wie das Fieber inan heilt durch in Nußschalen hockende Spinnen, Und von dem Glück, das ein Hufeisen bringt und ein Vierblatt im Kleefeld, Und was ihm fuuist noch bekannt von legenden und Mährchen des Dorfes.
Nun erhob sich Basil von Sessel am freundlichen Herde, Klopft von der Pfeife die Asche, und langsam die Rechte ihm reichend, Rief er : „Vater Leblanc, Du weißt von des Dorfes Gerede. Kannst Du Aufschluß geben, weßhalb die Schiffe gefommen ?" Trauf in bescheidener Weise versetzte der biedere Alte : „Mancherlei leeres Geschwätz wohl hört' ich, doch weiß ich den Grund nicht Besser als Andre, warum die Sdiffe vor Anker hier liegen. Dennoch glaube ich nicht, daß mit drohender Absicht sie famen. Haben doch Frieden wir jetzt, was sollten sie Böses uns thuen ?" - Heilige Unschuld !" rief dann ärgerlich, heftig, der Grobschmid. „Wer weiß immer den Grund, weßhalb und wiejo und warum denn Alles Unrecht geschieht? Die Macht gibt Rechte dem Starken!" Nicht des Anderen Hi�e beachtend, versette der Alte : �Ungerecht sind die Menschen; doch Gott ist gerecht und am Ende Siegt die Gerechtigkeit doch. Ich erinn're mich einer Geschichte, Die oft tr�stend mir war, als ich lag im Gef�ngni� Port Royals." Dies war die Lieblingsgeschichte des Alten, der oft sie erz�hlte, Wenn sich die Leute beklagten, da� Unrecht ihnen geschehe : �Einst vor vielen Jahren in einer Stadt, deren Namen L�ngst ich vergessen, da stand auf steinerner S�ule am Marktplatz Hoch ein ehernes Standbild mit Wage und Shwert in den H�nden. Dieses Sinnbild stand zum Beweis, da� Gerechtigkeit walte Ueber des Landes Gesetz und des Volkes Herde und Herzen. V�gelchen hatten gebaut nianch' Nest in den Schalen der Wage, Ohne Furcht vor dem Schwert, das dar�ber int Sonnenschein gl�nzte. Aber im Laufe der Zeit, durch schlechte Gesetzgebung, waren Reichen Rechte gestattet, die Armen zu dr�cken und schinden. Grausam herrschte die Macht. Da wurde in einem Palaste Einst ein Halsband aus Perlen vermi�t. Es fiel der Verdacht bald Auf ein verwaistes Kind, das als Magd in dem Haushalte diente, Und nach kurzem Verh�r ward das M�dchen zum Tode verurtheilt. Da, beim Vollziehen des Urtheils am Fu�e des ehernen Bildes,






Vierter Gesang.

Continued Text here




Text prepared by:




Source

Siller, Bertha, and Frank Siller, translators. Evangeline. 1879. Evangeline, Frank Siller

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